„Sprach“fit mit D-I-P: easy Tipps für den Unterricht in heterogenen Klassen

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Alle Illus: Lili Richter, Wien

In diesem Beitrag gehen wir der Frage nach:

Wie kann ich als Lehrer/in D-I-P (Differenzierung, Individualisierung und Personalisierung)
in die tägliche Unterrichtsarbeit einbauen?

Dafür frischen wir hilfreiche Inputs aus meinen bisherigen Blog-Beiträgen auf und sehen uns weitere Beispiele an.

6 Leitsätze, wie es gelingen kann:

1. Give learners choices & create learning opportunities!

2. Challenge your learners!

3. Provide scaffolding for learners who need it!

4. Engage learners in discovery & exploration!

5. Organise peer interaction & collaboration!

6. Personalise!

 

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1. Give learners choices & create learning opportunities!

Ein wichtiger Grundsatz beim Differenzieren ist, den Schüler/innen ein Lernangebot zu bieten, das Auswahl und Offenheit bei der Aufgabenstellung schafft (wie im Lehrplan für die Mittelschulen [1] festgehalten). Wenn es mir als Lehrer/in gelingt, Wahlmöglichkeiten und Lerngelegenheiten zu bestehenden Tasks (im Lehrwerk) zu schaffen, werden verschiedene Vorerfahrungen, Interessen und auch Lernpräferenzen der Schüler/innen stärker berücksichtigt.

Bei reading und listening kann ich z.B.

  • die pre-reading / pre-listening-Phase ausbauen
    • die Schüler/innen können mehr Vorwissen (zum Thema oder Wortschatz) aktivieren
    • sie lernen, kontextuelle / visuelle Hinweise besser für das Lese- oder Hörverstehen zu nutzen
  • das Globalverstehen beim ersten Mal Lesen oder Hören trainieren, indem die Schüler/innen verschiedene Optionen bekommen, sie können z.B.
    • ein summary in 2-3 Sätzen schreiben
    • die Hauptpunkte / key words in einer Mindmap gestalten
    • eine Skizze, ein Bild etc. zum Gelesenen / Gehörten zeichnen
  • die post-reading / post-listening-Phase erweitern, z.B. dass die Schüler/innen einen persönlichen Kommentar abgeben.

Bei produktiven Tasks kann ich das Lernangebot erweitern, indem ich z.B.

  • ergänzende / alternative Themen oder inhaltliche Punkte anbiete, damit sich die Schüler/innen besser damit identifizieren können;
  • in der pre-writing / pre-speaking Phase verschiedene Herangehensweisen zur Aufgabenerfüllung vorschlage (siehe auch how to-Strategien weiter unten)
  • Möglichkeiten zu peer exchange oder zur Zusammenarbeit gebe (mehr dazu unter Punkt 5.)
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Mehr Info & Beispiele finden Sie hier: https://www.easy-hat-methode.at/easy-didactics/differenzierung-durch-wahlmoeglichkeiten-creating-learning-opportunities/

 

zwiebel

2. Challenge your learners!

Bei Differenzierung spielt nicht nur das Fördern, sondern auch das Fordern eine wichtige Rolle. Dazu eignen sich insbesondere auch komplexere Tasks, die die Schüler/innen zu problemlösungsorientiertem und strategischem Denken anregen [2] und sie fit machen für echte Kommunikationssituationen. Im easy 2 book gibt es in jedem Topic eine Unit mit einem Abschnitt Challenge, in dem umfangreichere, komplexe Tasks vorkommen. (Ein Beispiel)

‚Komplex‘ bedeutet aber nicht unbedingt ‚lange‘, wie dieses Beispiel zeigt:

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Komplex ist die Aufgabe, weil die Schüler/innen zunächst ihr ‚Weltwissen‘ aktivieren müssen, dann die Verbote auf Englisch formulieren und schließlich in Interaktion miteinander erraten müssen. Die Komplexität kann auch noch gesteigert werden, wenn die Schüler/innen weitere Orte ergänzen und mehrere Runden spielen mit weniger eindeutigen Verboten, so sind auch leistungsstärkere und schnelle Schüler/innen weiter gefordert.

Mehr Details in den drei Blogbeiträgen zum Thema „Komplexe Aufgaben – easy Tasks“:

 

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3. Provide scaffolding for learners who need it!

Scaffolding ist ein Unterstützungsangebot für Schüler/innen zur Bewältigung von Tasks, um ein Lernziel erreichen zu können. Es gibt verschiedene Typen von Scaffolds (Handlungshilfen), die oft schon als Teil der Tasks angeregt oder bereit gestellt werden:

a) Planungshilfen, z.B. Mind-maps

b) Hilfen zur inhaltlichen Strukturierung, z.B. Inhaltspunkte, Leitfragen, Bildimpulse

c) Formulierungshilfen, z.B. vorgefertige Phrasen, Satzbausteine, Modelläußerungen, Beispiele

a-c) bei produktiven und interaktiven Tasks (speaking / writing)

d) Möglichkeit zu Interaktion & Kollaboration (s. weiter unten)

e) Einbettung von Tasks in eindeutige Kommunikationssituationen (= Kontext)

f) how to-Strategien, d.h. konkrete Tipps für die Schüler/innen, wie sie an Tasks herangehen sollen. Das umfasst den produktiven Bereich (z.B. beim Verfassen verschiedener Textsorten oder Tipps für Präsentationen), insbesondere aber auch reading / listening strategies und andere Sprachlernstrategien.

  d-f) für ALLE Kompetenzbereiche

Wenn den Schüler/innen verschiedene Scaffolds (als Teil von Tasks) zur Verfügung stehen und ich als Lehrer/in noch passende Scaffolds hinzufüge, können die Schüler/innen selbst entscheiden, welche Scaffolds sie zur Aufgabenerfüllung in Anspruch nehmen wollen. So können sie Lernwege mitgestalten.

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4. Engage learners in discovery & exploration!

Wenn ich als Lehrer/in den Schüler/innen beim Erarbeiten neuer Inhalte, z.B. beim Erschließen von Vokabular oder neuen grammatischen Strukturen aus einem Text, eine aktive Rolle gebe, gebe ich ihnen ebenfalls die Möglichkeit eigene Zugänge zur Aufgabenlösung anzuwenden.

Entdeckendes Lernen in der Wortschatzarbeit zeigt das folgende Beispiel:

Die Schüler/innen arbeiten mit Print- oder Online-Wörterbüchern oder auch dem easy book und erforschen Kollokationen, also welche adjectives zu welchen nouns passen. Zugleich können sie Alltagswissen und Fantasie einbringen (‚was finden wir auf einem Dachboden in einem alten Haus?‘). Im Gegensatz zu lexical pre-teaching, wo die Lehrer/in neue Wörter oder Phrasen einführt, sind hier die Schüler/innen selbst aktiv. Am besten funktioniert es, wenn die Schüler/innen zu zweit zusammenarbeiten.

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Mehr zur Wortschatzarbeit mit easy finden Sie hier

(1) Kontextualisierung und Vernetzung
(2) Kontextualisierung und Vernetzung (2)
(3) Lexical chunks – Grundlagen
(4) Vorteile von lexical chunks
(5) Wortscharbeit – best practice
(6) “My new words” im “easy book”

Sie können die gesamte 6-teilige Serie „Wortschatzarbeit“ hier auch gesammelt als Gratis-PDF downloaden.

Das gleiche Prinzip gilt auch für die Einführung neuer grammatischer Strukturen. Mehr dazu mit Beispielen zum induktiven Ansatz in den Grammar spots im easy book finden Sie in den Blog-Beiträgen zum Thema „Grammatik in easy

 

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5. Organise peer interaction & collaboration!

In einem flexiblen Differenzierungsansatz kommen dem Austausch und der Zusammenarbeit der Schüler/innen untereinander eine zentrale Rolle zu. Das zeigte sich auch schon an den bisherigen Beispielen, für die sich Partner- oder manchmal Kleingruppenarbeit anbietet.

Was sind die Vorteile der Arbeit zu zweit oder in der Kleingruppe (maximal 3-4 Schüler/innen) im Vergleich zu einem lehrerzentrierten Unterricht, wo die Lehrer/innen mit der ganzen Klasse arbeiten?

  • Arbeit zu zweit oder in der Kleingruppe schafft eine sichere Umgebung, weil Schüler/innen nicht vor der ganzen Klasse etwas sagen müssen.
  • Sie erhöht die individuelle Sprechzeit und das Mitwirken der einzelnen Schüler/innen.
  • Es ermöglicht soziales Lernen, bei dem sich die Schüler/innen gegenseitig unterstützen können.
  • Gemeinsam etwas zu gestalten, z.B. bei Tasks, die Kreativität erfordern, oder z.B. einen Text / eine Präsentation zu produzieren (collaborative writing / spoken production), nimmt den Druck von den einzelnen Schüler/innen und führt sehr oft zu besseren Outcomes und ‚Endprodukten‘.

Die Bedeutung von abwechslungsreichen Sozialformen sowie Partner- und Gruppenkonstellationen wird auch im Lehrplan [3] betont, „weil sie auch Raum und Zeit für individuelle Begleitung eröffnen“.

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Mehr Details und Beispiele für Speaking tasks finden Sie in: https://www.easy-hat-methode.at/easy-didactics/building-the-speaking-habit/

 

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6. Personalise!

Für Schüler/innen haben Tasks, die einen Bezug zu ihnen und ihrer Lebenswelt herstellen, mehr Bedeutung. Sie wirken sich auch positiv auf die Lernmotivation aus.

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Personalisiertes Lernen ermöglicht den Schüler/innen, auch individuelle Zugänge zu finden und das Gelernte besser zu behalten. Ein Beispiel dafür ist die Arbeit mit dem Vokabular der Unit, wenn die Schüler/innen Wortschatz selbst nach ihrer Einschätzung in Kategorien zuordnen können, wie im Vocab Log in easy vocab & sounds vorgeschlagen:

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Mehr Informationen zu Personalisierung finden Sie in: https://www.easy-hat-methode.at/easy-didactics/differenzierung-individualisierung-und-personalisierung-eine-annaeherung/

Zum Abschluss noch ein Beispiel, das zeigt, dass bestimmte Task-Formate besonders vorteilhaft sind, weil sie verschiedene Leitsätze zu D-I-P berücksichtigen:

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  • Diese mündliche Aktivität ist einerseits interaktiv mit ständig wechselnden Partnern, andererseits hat sie einen persönlichen Bezug.
  • Die Schüler/innen entscheiden selbst, was (und auch wie viel) sie erzählen wollen:
    • leistungsstärkere Schüler/innen können angeregt werden, die Situationen genauer zu beschreiben;
    • leistungsschwächere Schüler/innen können sich kürzer halten und haben zugleich die Handlungshilfe durch die Notizen aus der Vorbereitung.
  • Die Situationen 1-4 in mehreren Runden zu wiederholen hat für alle Vorteile:
    • leistungsstärkere Schüler/innen können ermuntert werden, ihre Aussagen zu variieren, z.B. mehr Details zu erzählen oder weitere Situationen zu finden;
    • leistungsschwächere Schüler/innen können durch die Wiederholung ihrer Aussagen an Sicherheit gewinnen.
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Diese 6 Leitsätze zur Integration von D-I-P unterstützen das im Lehrplan [4] beschriebene didaktische Grundschema zur Förderung der Differenzierung und Individualisierung:

„Das Lernen der Schülerinnen und Schüler rückt (gegenüber dem Lehren) in den Mittelpunkt des Unterrichts.“

Fit mit D-I-P – so easy!

 


[1] Lehrplan der Mittelschulen, S. 13 abrufbar unter: https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung/Bundesnormen/20007850/Lehrpl%c3%a4ne%20-%20Neue%20Mittelschulen%2c%20Fassung%20vom%2019.06.2020.pdf


[2] Lehrplan der Mittelschulen, S. 12 abrufbar unter: https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung/Bundesnormen/20007850/Lehrpl%c3%a4ne%20-%20Neue%20Mittelschulen%2c%20Fassung%20vom%2019.06.2020.pdf


[3] Bildung, Wissenschaft und Forschung. Die Mittelschule: Änderungen ab dem Schuljahr 2020 /21 im Überblick. Abrufbar unter: https://www.bmbwf.gv.at/Themen/schule/schulsystem/sa/ms.html S. 32


[4] Lehrplan der Mittelschulen, S. 11 abrufbar unter: https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung/Bundesnormen/20007850/Lehrpl%c3%a4ne%20-%20Neue%20Mittelschulen%2c%20Fassung%20vom%2019.06.2020.pdf

 

 

Tanja Greil ist seit 2004 Fachdidaktikerin für Englisch an der Universität Salzburg. Als Englischlehrerin war sie in verschiedenen Schulen und in der Erwachsenenbildung tätig. Neben allen didaktischen Fragen rund um den Englischunterricht beschäftigt sie ihre Familie, mit der sie in Tirol lebt.

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