Komplexe Aufgaben – easy Tasks (Teil 1)

Titelbild_Komplexe Aufgaben Teil 1_V2

1. Was sind komplexe Aufgaben?

In der Broschüre des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung Die Mittelschule: Änderungen ab dem Schuljahr 2020 /21 im Überblick [1], S. 32, widmet sich im Abschnitt FAQs ein Unterkapitel dem Thema „Aufgabenstellungen / Schularbeiten“. Darin wird die Frage „Was sind komplexe Aufgabenstellungen?“ wie folgt beantwortet:

„Der Komplexitätsgrad einer Aufgabenstellung zeigt sich darin, welche Art der Denkleistungen die Aufgabenstellung von Schülerinnen und Schülern fordert und welche Wege der Auseinandersetzung mit der Aufgabenstellung Schülerinnen und Schüler beschreiten, um zu einer Lösung zu kommen. Einen Plan entwickeln, Daten und Belege verwenden, Lösungswege argumentieren sind komplexe Anforderungen und stellen somit einen höheren kognitiven Anspruch dar, als das Wiedergeben von Informationen und Fakten oder das Anwenden von einfachen Verfahren. Da komplexe Aufgabenstellungen das strategische und problemlösungsorientierte Denken fördern, sind im Unterricht auch Schülerinnen und Schüler, die dem Leistungsniveau „Standard“ zugeordnet sind, mit komplexen Aufgabenstellungen zu konfrontieren und bei deren Bearbeitung und Bewältigung zu unterstützen.“

Aufgaben werden hier nach Webbs Depth of Knowledge [2] in vier Stufen (Levels) eingeteilt:

Webbs Depth of Knowledge
Webbs Depth of Knowledge

Komplexe Aufgabenstellungen fallen weitgehend in die Stufen 3 oder 4 nach Webb, in denen Lernende gefordert sind, strategisches oder erweitertes Denken anzuwenden und Kompetenzen zur Aufgabenbewältigung benötigen – Kompetenz als Verbindung von „Wissen, Können und Handeln“ [3].

Monster_mit_Zauberhut_und_Zauberstab

Der dahinter liegende Grundgedanke ist: „Das tägliche Leben ist komplex. Um unsere Schülerinnen und Schüler im Alltag gut handlungsfähig zu machen, sollten sie auch im Schulalltag regelmäßig und selbstverständlich mit komplexen Aufgaben konfrontiert werden.“ (Bergmann/Rothböck 2015) [4]

Was sind komplexe Aufgaben konkret für den Fremdsprachenunterricht, in dem die Entwicklung kommunikativer Kompetenz das übergeordnete Lernziel darstellt?

Beantworten wir die Frage mit Beispielen aus easy:

2. Welche komplexen Aufgabenstellungen finde ich in easy?

easy integriert Tasks, die von den Schüler/innen komplexere Denkleistungen erfordern oder ihnen individuelle Lösungswege ermöglichen, in verschiedener Weise:

  • Challenge: dieser Abschnitt kommt im easy 2 book in jedem der fünf Topics einmal vor als Abschluss einer Unit. Eine Challenge umfasst meist einen längeren schriftlichen Impuls und mehrere anspruchsvolle Tasks, die über die bloße Wiederholung von bekannten Inhalten hinausgehen.
    Was diese Abschnitte komplex macht, sehen wir uns weiter unten an.
  • My Task: diese mehrschrittigen Aufgabenstellungen mit einem klar definierten Outcome bilden schon im easy 1 book den Abschluss jedes Topic.
    Diese Art komplexer Tasks steht im Fokus des Blogbeitrags Komplexe Aufgaben – easy Tasks (Teil 2)„.
  • einzelne komplexe Tasks, die mehrschrittiger oder offener angelegt sind, als Teil einer Unit im easy 1 & 2 book & pad
    Beispiele dafür finden Sie im BlogbeitragKomplexe Aufgaben – easy Tasks (Teil 3)„.
Komplexe Tasks sind im easy 2 Teacher’s Guide markiert und nach Webbs Stufen ausgezeichnet.

 

Sehen wir uns Beispiele von Challenge-Tasks genauer an:

Challenge

challenge_symbol

Im easy 2 book ist, wie oben schon erwähnt, in jedem Topic am Ende einer der drei Units ein Challenge-Abschnitt mit verschiedenen Tasks enthalten, zum Beispiel:

Reflecting on how you spend your free time

(Teil von Topic 4, am Ende von Unit 10: Free Time in easy 2 book, S. 86-87):

Diese Challenge bildet den Abschluss des grundsätzlich vertrauten Themenbereichs free time mit dem übergeordneten Lernziel: reflecting on how you spend your free time.

Der schriftliche Impuls ist eine Art ‚psychologischer‘ Test mit einer ‚Auswertung‘ zu Freizeittypen, ein Test wie ihn die Schüler/innen möglicherweise aus Teen Magazines kennen. So entsteht ein Bezug zu ihrer Lebenswelt nicht nur allgemein über das Thema free time, sondern auch über diese Textsorte.

10_Free_Time

Die einzelnen Tasks auf der Seite darunter sind nach Webbs Depth of Knowledge unterschiedlich komplex: Sie können teilweise der Stufe 2, aber auch der Stufe 3 zugeordnet werden. Letzteres ermöglicht den Schüler/innen, verschiedene kommunikative Kompetenzen (schriftliche Produktion, mündliche Interaktion) mit problemlösungsorientiertem und strategischem Denken zu kombinieren.

free_time_type

Tasks 1 und 2 gehen über reines checking comprehension hinaus, für die es nicht die eine richtige Antwort gibt. Sie umfassen mehrere Schritte und stellen einen persönlichen Bezug zu den Schüler/innen her.
Es wird außerdem kritische Reflexion angeregt: In Task 2 sind die Schüler/innen aufgefordert, ihr Testergebnis zur eigenen Selbstwahrnehmung in Relation zu setzen – und schriftlich zu begründen (Webb Stufe 3).

Task 3a ist ein geschlossenes Format, mit dem Leseverstehen überprüft wird; dazu müssen die Schüler/innen Informationen aus den Sprechblasen und dem Impuls kombinieren (Webb Stufe 2).

Task 3b erfordert schriftliche Produktion: Die Aufgabenstellung ist offen und die Schüler/innen sind frei in der Gestaltung (Webb Stufe 3).
Für Schüler/innen, die Hilfestellungen benötigen, steht aber auch ein Scaffolding-Angebot zur Verfügung: einerseits durch die Auswahl an Ideen von ‚Freizeittypen‘ und die bereit gestellten lexical chunks; andererseits dienen die ‚Testauswertungen‘ auf S. 86 als Model texts.

Task 4 ermöglicht den Schüler/innen mündliche Interaktion in der Form eines Rollenspiels, das mit einem (zumindest lebensnahen) Setting, vier Rollen und einem Outcome lose vorstrukturiert ist:

  • Problemlösendes Denken ist notwendig, weil die Rollen ein gewisses Dilemma in sich bergen. Die Schüler/innen haben die Challenge, Vorschläge zu machen, Kompromisse zu schließen und sich auf etwas zu einigen: a list of weekend activities (= Outcome). (Webb Stufe 3)
  • Als Scaffolding können die Schüler/innen das Vorwissen aus den vorangehenden Tasks verwenden, aber es stehen auch einige sprachliche Mittel zur Verfügung.
  • Für die Durchführung bieten sich noch weitere Gestaltungsmöglichkeiten und Formen des Scaffolding an, z.B.:
    • Role cards, die die Schüler/innen selbst mit typischen Eigenschaften oder likes/dislikes ergänzen;
    • andere, selbstgewählte Rollen als die vorgegebenen;
    • konkrete Vorgaben zur Präsentation des Outcome usw.

It’s magic! als creative, collaborative writing task bildet den Abschluss der Challenge-Seiten. Hier können die Schüler/innen ihre eigenen Ideen mit jenen der anderen Gruppenmitglieder verbinden und sprachlich umsetzen, außerdem bekommen sie Gelegenheit zur Präsentation und Bewertung (Webb Stufe 3).

Andere Challenge-Seiten bieten auch komplexe Tasks nach Webbs Stufe 4, die die Schüler/innen zu erweitertem Denken anregen und auch mehr Zeit und Ressourcen beanspruchen. Das Beispiel unten zeigt, dass die Schüler/innen hier zunächst Ideen entwickeln, diese visuell umsetzen können (als Zeichnung oder als Collage mit Bildern aus dem Internet, Zeitschriften usw.), dann aber auch ihre ‚Erfindung‘ und deren Funktionen schriftlich beschreiben und schließlich präsentieren (ob mit mündlicher Erklärung oder als Posterpräsentation / gallery walk).

be_an_inventor
Illu: Lili Richter, Wien

(easy 2 book, S. 31)

Im nächsten Blogbeitrag „Komplexe Aufgaben – easy Tasks (Teil 2)“ sehen wir uns Beispiele von My task-Seiten an und was ihre Komplexität ausmacht.

 


[1] Abrufbar unter: https://www.bmbwf.gv.at/Themen/schule/schulsystem/sa/ms.html

[2] Webb beschreibt in diesem Artikel die vier Levels: Webb, N. L. (2007). Issues Related to Judging the Alignment of Curriculum Standards and Assessments. Applied Measurement in Education, 20(7), 7-25.

[3] Siehe das Vorwort von Bildungsminister Univ.-Prof. Dr. Heinz Faßmann in der BMBWF-Broschüre Das Pädagogik-Paket (2020, S. 5), abrufbar unter: https://www.bmbwf.gv.at/Themen/schule/zrp/pp.html

[4] Bergmann, L., & Rothböck, J. (2015). 5 Minuten für Aufgabenkultur. Abrufbar unter: https://www.lernende-schulen.at/pluginfile.php/3538/mod_folder/content/0/5mf039_Aufgabenkultur.pdf?forcedownload=1


Tanja Greil ist seit 2004 Fachdidaktikerin für Englisch an der Universität Salzburg. Als Englischlehrerin war sie in verschiedenen Schulen und in der Erwachsenenbildung tätig. Neben allen didaktischen Fragen rund um den Englischunterricht beschäftigt sie ihre Familie, mit der sie in Tirol lebt.

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